Wo? Im Wasserparterre des Schlossparks von Hellbrunn, an der Außenseite des Oktogons neben dem südlichen, kleineren Teich mit den Tritonen
Der Park des Schlosses Hellbrunn im Süden der Stadt Salzburg war ein von Georg Trakl bevorzugtes Ziel seiner Spaziergänge. Vielleicht benützte er auch die Dampftramway, die damals vom Bahnhof bis zum Untersberg daran vorbeiführte. Die Atmosphäre des Ortes mit der Schlossanlage, den Wasserspielen, dem Hügel und den Teichen sprach ihn besonders stark an, er soll deswegen manchmal auch in der Nacht dort geblieben sein, um der besonderen Stimmung nachspüren zu können. Mehrere Motive gehen auf diese intensiven Wahrnehmungen zurück, z. B. Orpheus (Orpheus-Grotte in den Wasserspielen), Schloß und Hügel, Zypressen, Tritonen. Die erste dichterische Gestaltung der unterschiedlichen Beschaffenheit der drei Teiche stammt von 1909, am 8. April wurde sie im „Salzburger Volksblatt“ veröffentlicht. Das Thema beschäftigte ihn aber weiterhin; noch im selben Jahr stellte er eine 2. Fassung her, an der er bis 1914 immer wieder Änderungen vornahm. © Internationales Trakl-Forum der Salzburger Kulturvereinigung. F.d.I.v.: Dr. Hans Weichselbaum (Hrsg.): Georg Trakl: Die ‘Salzburg’-Gedichte.
Audiospur: Gedicht „Die drei Teiche in Hellbrunn“ – gelesen von Gernot Rath
Die drei Teiche in Hellbrunn
2. Fassung
Hinwandelnd an den schwarzen Mauern Des Abends, silbern tönt die Leier Des Orpheus fort im dunklen Weiher Der Frühling aber tropft in Schauern Aus dem Gezweig in wilden Schauern Des Nachtwinds silbern tönt die Leier Des Orpheus fort im dunklen Weiher Hinsterbend an ergrünten Mauern. Ferne leuchten Schloß und Hügel. Stimmen von Frauen, die längst verstarben Weben zärtlich und dunkelfarben Über dem weißen nymphischen Spiegel. Klagen ihr vergänglich Geschicke Und der Tag zerfließt im Grünen Flüstern im Rohr und schweben zurücke - Eine Drossel scherzt mit ihnen. Die Wasser schimmern grünlichblau Und ruhig atmen die Zypressen Und ihre Schwermut unermessen Fließt über in das Abendblau. Tritonen tauchen aus der Flut, Verfall durchrieselt das Gemäuer Der Mond hüllt sich in grüne Schleier Und wandelt langsam auf der Flut. (Georg Trakl, 1914)